Trennungsunterhalt ohne zuvor zusammen gelebt zu haben
In seiner Entscheidung vom 19.02.2020 – XII ZB 358/19 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass ein Trennungsunterhaltsanspruch auch dann bestehen kann, wenn die Ehegatten zuvor nie gemeinsam gelebt oder gewirtschaftet haben.
Der Fall: Die Eheleute heirateten im August 2017. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Ehefrau im Haushalt ihrer Eltern in Frankfurt am Main und verdiente monatlich netto rund 2.670 €. Der Ehemann wohnte in Paris und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von rund 5.500 €. Das Paar hatte geplant, dass die Ehefrau sich versetzen lassen und zu ihrem Ehemann nach Paris umziehen würde. Dazu kam es jedoch nicht.
In der Zeit von Dezember 2017 bis August 2018 gab es diverse Übernachtungskontakte an den Wochenenden, entweder in Frankfurt bei den Eltern der Ehefrau oder in Paris beim Ehemann. Die Eheleute besaßen kein gemeinsames Konto und jeder wirtschaftete für sich von seinen Einkünften. Wenn jedoch die Ehefrau den Ehemann in Paris besuchte, zahlte dieser die gemeinsamen Einkäufe. Im August 2018 kam es zur Trennung. Die Ehefrau beanspruchte Trennungsunterhalt. Das Amtsgericht wies den Antrag der Ehefrau ab. Die Ehefrau legte Beschwerde ein und das Oberlandesgericht Frankfurt verpflichte darauf den Ehemann zur Zahlung von Trennungsunterhalt von monatlich 1.320 €. Hiergegen legte der Ehemann Rechtsbeschwerde zum BGH ein.
Der BGH bejahte einen Anspruch auf Trennungsunterhalt der Ehefrau und führte zur Begründung aus, dass es für einen Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht notwendig sei, dass die Eheleute vorab gemeinsam gelebt hätten, da dies sich nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt. Auch die Trennung gemäß § 1567 BGB, welche Voraussetzung für einen Anspruch auf Trennungsunterhalt ist, setze kein vorheriges Zusammenleben der Eheleute voraus. Auch dies sei dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen.
Gemäß § 1567 BGB leben die Eheleute getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Irrelevant sei hierbei, ob die Eheleute jemals vor der Trennung zusammengelebt hätten oder es zu einer Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse gekommen sei.
Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht
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