Kindesunterhalt: Weltweite Erwerbsbemühungen
Derjenige, der einem minderjährigen Kind zu Barunterhalt verpflichtet ist, muss wenigstens den Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB zahlen.
Der beträgt bei Kindern von 0 – 5 Jahren 225,00 Euro, von 6 – 11 Jahren 272,00 Euro und von 12 – 17 Jahren 334,00 Euro. Das Kindergeld ist bei den genannten Beträgen bereits berücksichtigt.
Oft verweigert der Unterhaltspflichtige die Zahlung von Kindesunterhalt mit der Begründung, er könne sich auf seinen Selbstbehalt berufen. Dies muss jedoch nicht hingenommen werden. Denn es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige sich tatsächlich auf Leistungsunfähigkeit oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit berufen kann. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird nämlich nicht von seinem tatsächlichen Einkommen, sondern vielmehr von seiner Erwerbsfähigkeit bestimmt. Er ist verpflichtet, seine Arbeitskraft in bestmöglicher Weise einzusetzen. Gegenüber minderjährigen Kindern trifft den Unterhaltspflichtigen gemäß § 1603 Absatz 2 BGB eine verschärfte Erwerbsobliegenheit.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat das Kammergericht Berlin in seinem Beschluss vom 29.04.2013 – 17 UF 8/13 – bei einem Erdölingenieur eine weltweite Erwerbsobliegenheit angenommen.
Der hatte in einem Unterhaltsprozeß die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung mit der Begründung abwenden wollen, dass er lediglich 1.350,00 US-Dollar brutto aus einer Vollzeittätigkeit verdiene und mehr auch nicht erzielen könne.
Das Gericht stellte zu einem fest, dass der Unterhaltspflichtige nicht ausreichend dargelegt habe, sich um einen ausreichend entlohnten Arbeitsplatz bemüht zu haben. Weiterhin hat es eigene Recherchen angestellt und herausgefunden, dass er ein durchschnittliches Gehalt von 3.000,00 Euro in seinem Beruf verdienen könnte. Hierzu müsse er sich auch weltweit bewerben. Denn er sei ausgebildeter Erdölingenieur, deshalb finde seine Tätigkeit vorwiegend im Ausland statt. Dieser Stellensuche habe er sich im Umfang einer Vollzeittätigkeit zu widmen und habe diese – ernsthaften – Bemühungen auch nachzuweisen.
Verfasserin des Artikels ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht
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