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Kindergartenkosten sind Mehrbedarf

Judith Weidemann

Mit der Entscheidung vom 26.11.2008 (XII ZR 65/07) hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und erkennt nunmehr die Betreuungskosten für Kinder als so genannten Mehrbedarf an.

In dem zu entscheidenden Fall hat ein minderjähriges Kind von seinem Vater neben dem laufenden Barunterhalt auch die Zahlung der monatlichen Kindergartenbeiträge verlangt. Der Vater hatte dies abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass diese Kosten mit der Zahlung des „Tabellenunterhalts“ (Düsseldorfer Tabelle) abgegolten seien, also die Kindesmutter diese Kosten aus dem laufenden monatlichen Unterhalt zu zahlen hätte.

Zunächst stellten die Richter des Bundesgerichtshofes klar, dass die Kindergartenkosten nicht zum Bedarf des betreuenden Elternteils, sondern stets zum Bedarf des Kindes gehören. Der Besuch des Kindergartens erfolge nach Ansicht der Richter in erster Linie aus erzieherischen Gründen und nicht, um der Muter eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Da sich der Tabellenunterhalt vom sächlichen Existenzminimum nach § 32 Absatz 6 Satz 1 Einkommensteuergesetz ableite und dort Betreuungskosten nicht enthalten seien, stellen sie im unterhaltsrechtlichen Sinne Mehrbedarf für die Erziehung und Betreuung des Kindes dar. Für den Mehrbedarf haben beide Elternteile nach dem Verhältnis ihrer Einkünfte anteilig aufzukommen. Die Kosten für die Verpflegung im Kindergarten seien hingegen mit der Zahlung des Tabellenunterhalts abgegolten.

Der Bundesgerichtshof hat im Weiteren festgestellt, dass die oben dargestellte Entscheidung sowohl für die Zeit bis zum 31.12.2007, als auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes am 01.01.2008 gilt.

Soweit der betreuende Elternteil bzw. das minderjährige Kind also Kindesunterhalt geltend machen will, können in Zukunft die Betreuungskosten neben dem laufenden Kindesunterhalt als Mehrbedarf geltend gemacht werden. Ist der Kindesunterhalt bereits tituliert, kann die Abänderung des Titels unter Berufung auf die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung verlangt werden.

Verfasserin des Artikels ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht

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